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BOOK_REVIEW: Phillip P. Peterson – Luna

Der Titel lässt es erahnen. In Luna ist für ein paar Astronaut:innen der Mond das Ziel der Reise. Doch diese Reise verläuft ziemlich plötzlich alles andere als geplant und am Ende dreht es sich in dem Buch vor allem um zwei Dinge: eine Rettungsmission und die Suche nach dem Grund für das Scheitern des Mondflugs. Das ist anfangs nicht nur gut, sondern großartig! Doch leider kann der Autor das Niveau des starken Beginns nicht halten.

Von Beinn an fallen in Luna vor allem die vielen, gut recherchierte Details zum Thema Raumfahrt auf. Das wird zum Teil sogar richtig angenehm nerdig, zum Beispiel wenn Autor Phillip P. Peterson erwähnt, dass die Fassade des ESA Hauptquartiers in Paris neu gestaltet wurde. Auch die reale, quasi nicht enden wollende Bürokratie, die hinter der Weltraumerforschung steckt, wird durch das gesamte Buch hinweg und durch Job der Protagonistin bei der FAA, immer wieder sichtbar, ja sogar zu einem wichtigen Story-Strang. Ein weiterer, unüberschätzbarer Pluspunkt des Buches sind außerdem die Charaktere und deren nachvollziehbare Handlungen und Entwicklungen. Hier denkt man – zumindest im ersten Drittel der Geschichte – nicht, dass das hier auch ein Hollywood-Drehbuch statt einer gute Erzählung sein könnte. Und wo wir gerade von den Charakteren sprechen: wie selbstverständlich in Luna Frauen wichtige Rolle spielen, verdient leider immer noch Erwähnung.

Der oder die ein oder andere mag jetzt denken: „Klingt gut! Gekauft!“ Doch leider muss ich hier ein wenig auf die Bremse treten. Denn fast all diese großen Stärken des ersten Buchdrittels verschwinden plötzlich, wie die Luft durch eine im Weltall geöffnete Raumschiffluke. Der Realismus, die Nachvollziehbarkeit der Charakterhandlungen, die Unaufgeregtheit der Geschichte kippt plötzlich in die typischen Buch- und Filmkonzepte, die der Unterhaltungsindustrie leider so oft zu Eigen sind. Denn plötzlich reicht es Peterson nicht mehr, dass ein auf dem Mond gestrandetes Raumschiff bzw. deren Besatzung gerettet werden muss. Stattdessen wird der Near-SciFi-Roman zu einer Art Agenten-Thriller, was gerade nach dem realistischen Anfang des Buches geradezu grotesk wirkt. Statt der Lösung eines technischen und bürokatischen Problems, rückt der Verdacht der Sabotage als Ursache der Fehlfunktion des Raumschiffs in den Fokus der Geschichte. Und von da an dreht sich viel zu viel um die Aufklärung dieses Sabotageakts statt um die technischen und menschlichen Herausforderungen einer Weltraumrettung. Da wird, obwohl enormer Zeitdruck herrscht, innerhalb weniger Tage die Welt bereist wie in jedem x-beliebigen Hollywood-Kinostreifen, um Hinweise auf den Saboteur zu finden. Selbst Treffen in dunklen Gassen, mit hochgeschlagenem Mantelkragen und Mord sind ab diesem Zeitpunkt Teil der Geschichte.

Wer auf derlei Krimis und Thriller steht und dazu vielleicht noch einen Faible für Raumfahrt oder SciFi hat, wird mit Luna wahrscheinlich viel Spaß haben. Ich persönlich hatte nach dem ersten Drittel des Buches andere Erwartungen und bin am Ende dann doch ganz schön enttäuscht. Die Geschichte hätte dieses Abdriften in abstruse Plot-Twists nicht notwendig gehabt, wenn sich Autor und Verlag dazu entschieden hätten, vielleicht einfach nur eine dünneres Buch rauszubringen – oder schlicht mehr Mut gehabt hätten, eine Story ohne all die Mainstream-Zutaten herauszubringen.

Nichts desto trotz hat Luna neben dieser eklatanten Schwächen, wie Eingangs erwähnt, auch viele Stärken. Die vielen Referenzen auf aktuelle Raumfahrentwicklungen (zum Beispiel auf SpaceX und den Weltraumtourismus für Reiche) oder auch auf die Raumfahrthistorie (die Teilnahme einer Lehrerin an der Luna-Mission, ähnlich wie 1986 Christa McAuliffe bei der Challenger-Katastrophe) sind viele kleine Liebeserklärungen an die Raumfahrt. Deswegen kann ich das Buch am Ende doch noch empfehlen, wenn man die Erwartungen anpasst und bereit ist, einige Abstriche zu machen.

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