Circa 200 Jahre in der Zukunft: ein riesiges Schiff schwebt durch das Weltall, vollgepackt mit Kryotanks, in denen Gutbetuchte darauf warten, dass sich die Technologie während der Zeit ihres Kälteschlafs so weit entwickelt hat, um dem Tod von der Schippe springen zu können. Doch so ein großes, altes Raumschiff, vollgepackt mit Technik, muss regelmäßig gewartet werden und auch der Zustand der „Bewohner“ bedarf stetiger Kontrolle. Und so ist Katarina froh, als Schiffstechniker Karl ihr den Job anbietet, auf der Elysian Fields nach dem Rechten zu sehen. Nicht nur des Geldes wegen, sondern muss sie auch aus politischen und privaten Gründen eine Weile untertauchen. Da kommt ein jahrhunderte altes Raumschiff, das kaum noch jemand auf dem Radar hat, genau richtig. Doch nach und nach, häufen sich die Seltsamkeiten auf dem Schiff und sie merkt, dass auf der Elysian Fields eigentlich nichts so ist, wie es sein sollte.
Die US-amerikanische Autorin S.A. Barnes (ein Pseudonym für ihre Sci-Fi-Bücher, ansonsten schreibt sie hauptsächlich unter dem Namen Stacey Kade) ist bei Freund:innen der Science-Fiction vor allem für ihr Weltraum-Horror-Werk Dead Silence bekannt, das 2022 erschien. Nach Ghost Station (2024) ist nur ein Jahr später nun Cold Eternity erschienen. Das ist eine ordentliche Schlagzahl, die bei mir leise die Alarmglocken schrillen lässt: hat sie nach so kurzer Zeit überhaupt noch etwas Interessantes zu erzählen? Es stellt sich raus, sie hat. Mit Cold Eternity erfindet Barnes zwar das Rad nicht neu. Aber sie kann auch für Vielleser des Weltraum-Horror-Genres genug neue Akzente setzen, damit es zu keiner Zeit langweilig wird.
Dass etwas auf dem Raumschiff nicht stimmt, ahnen wir schnell. Nur was es ist, bleibt lange rätselhaft. Erst nach und nach entblättert S.A. Barnes ihre Geschichte. Besonders hervorzuheben ist dabei das Pacing. Die Spannung wird langsam aufgebaut, ohne dass es träge wird. Gelegentliche Cliffhanger am Ende eines Kapitels motivieren zum Weiterlesen. Und im letzten Drittel der Geschichte nimmt das Tempo passend zur Bedrohungslage merklich zu. Das alles ist handwerklich sehr gut umgesetzt und wirkt wie aus einem Guss. Weniger smooth erschien mir jedoch die deutsche Übersetzung. Bei zwei, drei Sätzen bin ich stilistisch gestolpert, ein anderer hat inhaltlich (es ging um Namen und wer, was gemacht hat) keinen Sinn ergeben. Da ich aber keinen direkten Vergleich mit der Originalversion angestellt habe, gilt diese Kritik unter Vorbehalt. Wo ich allerdings einen direkten Vergleich habe, ist beim Cover. Also lieber Heyne-Verlag: wieso nicht mal was Passendes zur Geschichte, das sich vom restlichen Sci-Fi-Einheitsbrei abhebt, so wie das Cover der Originalversion?

Und wo ich gerade eh schon bei der Kritik bin: ebenfalls gestört hat mich die sanfte Romanze zwischen einer KI bzw. einem Holocron und der Protagonistin. Auch wenn ich finde, dass der Ursprung der Gefühle von Katarina gut nachvollziehbar ist, war mir das am Ende doch ein bisschen zu viel des Guten. Zwar wird in der Geschichte trotz aller Toughness immer wieder auch die verletzliche, unsichere und emotionale Seite von Katarina gezeigt. Am Ende hat sich die „Liebelei“ für mich aber zu sehr nach Brechstange angefühlt, als wollte S.A. Barnes auch dem/der letzten, unaufmerksamsten Leser:in klar machen, dass es hier eine, wenn auch nur sehr einseitige, Liebesbeziehung gibt. Ein, zwei dieser Szenen weniger, hätten sich für mich auch besser in den Rest der Geschichte gefügt.
Ansonsten habe ich am Plot, den Charakteren und deren Entwicklung aber wenig auszusetzen. Im Gegenteil. Gerade Katarina handelt so unglaublich nachvollziehbar, dass es eine Freude ist. Immer wenn ich dachte „Wieso macht sie jetzt nicht das?“ oder „Wieso denkt sich nicht an jenes?“ hat S.A. Barnes eine Antwort parat. Und meine Güte … das fehlt mir so schmerzlich in so vielen Büchern (und Filmen und Spielen), dass sich Geschichten, die sich selbst und ihre Charaktere ernst nehmen, anfühlen wie ein Erholungsurlaub. Und besonders gut zur Geltung kommt derlei Nachvollziehbarkeit, wenn wie in Cold Eternity aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Chapeau!
Ich freue mich jedenfalls schon auf das nächste Buch von S.A. Barnes. Auf meinen nächsten, nervenaufreibenden Erholungsurlaub im Vakuum. Und wenn sie so weitermacht wie bisher, dürfte das ja – glücklicherweise – nicht so lange auf sich warten lassen.




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